Kirchen im Avers und Val Ferrera

Dem Himmel ein wenig näher ...

 

Herzlich willkomma! Bagnavagnieu! 

Dem Himmel tatsächlich ein weniger näher – so stehen die vier Kirchen im Val Ferrera und im Avers seit Jahrhunderten als markante Wegmarken in der Landschaft. Und so möchten wir als Evangelisch-reformierte Gemeinden auch heute Kirche sein: markante und ermutigende Zeichen auf dem Weg der Menschen, die in unserer Talschaft wohnen oder sie besuchen. Und dem Himmel näher, indem wir uns von der befreienden Botschaft des Evangeliums inspirieren lassen und dabei offene, einladende Gemeinschaft untereinander leben.

Seien Sie herzlich willkommen in der höchsten Kirchgemeinde Europas – unsere Türen stehen auch Ihnen offen! 

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20.06.2025

S'Heu ufam glycha Boda

Der Sommer hat Einzug gehalten im Tal, und damit naht auch die Zeit der Heuernte. Arbeitsintensive Wochen warten auf die Bauernfamilien, in denen das Heu in die Scheunen bei den Höfen eingebracht werden wird.

Dass das Heu bis zu den Höfen im Tal transportiert werden konnte, war nicht immer der Fall. Früher wurde ein grosser Teil des geernteten Futters in den «Heugädmen» hoch oben an den steilen Hängen gelagert. In manchen, etwas tiefer gelegenen Ställen wurde das Vieh auch vor dem Winter ausgefuttert. Und hier gab es einige Ställe, die geteilte Heuboden hatten. So konnten diese Ställe von mehreren Bauern gleichzeitig zum gestaffelten Ausfuttern genutzt werden. Man hatte «das Heu» im wahrsten Sinne des Wortes «auf dem gleichen Boden», wenn auch klar durch Trennwände voneinander abgeschieden.

Und das kann uns diesen alten Ausdruck etwas besser verstehen lassen: Wenn man sich untereinander gut versteht, das Heu auf dem gleichen Boden hat, dann heisst das noch lange nicht, dass man auch alles miteinander teilen muss. Auch gegenseitiges Verstehen und Nahesein darf einen sich selbst sein lassen – mit all dem, was zu einem selbst, nur zu einem selbst gehört.

Nächstenliebe, sagt uns Jesus, kann nur dort entstehen, wo wir uns selbst auch wahrnehmen, annehmen, wo wir unserem Selbst Raum einräumen – «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst» (Lukas 10). Wir können, wir sollen lernen, den Raum der Lebensernte mit anderen Menschen zu teilen, mit ihnen das Heu auf dem gleichen Boden zu haben, aber wir dürfen, ja sollen auch dafür sorgen, dass wir unsere eigenen Räume auf diesen gemeinsamen Beziehungsböden behalten.

Heute sind wir es, symbolisch gesprochen, eher gewohnt, unsere je eigenen Scheunen zu besitzen, und bei manchen werden diese Scheunen immer grösser und grösser.

Wo das Heu auf dem gleichen Boden bleibt, entzieht es sich den Blicken anderer nicht, und es bleibt nicht unbemerkt, wer Tendenz hat, alles für sich selbst zu beanspruchen, die eigenen Böden bis unters Dach zu füllen – die Nähe auf den gemeinsamen Böden ergibt auch moderate Bescheidenheit.

So wäre es schön, wenn Menschen wieder den Sinn dieser gemeinsamen Heuböden entdecken könnten, welche einerseits Gemeinschaft betonen und andererseits das Ur-Eigene nicht verhindern.

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Sommerzeit und viele gute Begegnungen mit Menschen, mit denen wir das Heu auf dem gleichen Boden haben können!

Herzlich, Pfr. Jürg Scheibler



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